Für Hubert Weitzer, Geschäftsführer der Feinkost GmbH gibt es keine Wirtschaftskrise, denn: „Wie sagt schon ein altes chinesisches Sprichwort? Wenn der der Wind stärker weht, dann bauen die einen Mauern, die anderen Segelschiffe“ und nickt dabei seine Worte unterstreichend mit dem Kopf.
Für den Jungunternehmer aus Kärnten ist klar, „es gibt immer Leute die Geld haben werden“ und gibt sich dabei selbstbewusst. Und selbstbewusst muss er auch sein. Hat er doch vor rund zweieinhalb Jahren seinen sicheren Job als Pressesprecher bei der International Organisation of Migration (IOM), einer Unterorganisation der UNO gekündigt, um bei seiner nunmehrigen Frau Birgit Parade einzusteigen. Sie war bereits mehrer Jahre selbstständig in der PR-Branche tätig. Mit ihr gemeinsam hat er die Feinkost MEDIA GmbH gegründet, einen PR-Agentur die sich auf Video-PR spezialisiert hat. Der Grund für seine Schritt in die Selbständigkeit war, dass ihm der Job bei IOM zu langweilig war: „Zu wenig zum Selbstgestalten und man darf nicht sagen, was man sich denkt“, meint er dazu.
Langweilig ist ihm und seiner Frau jetzt nicht mehr. Am Vormittag einen Präsentation für einen Kunden, danach geht es zum Mittagessen. Diesmal ins Ra’mien in der Gumpendorferstraße. Zum Kochen bleibt unter der Woche nicht mehr viel Zeit. Insgesamt eine Stunde ist für die Mittagspause eingeplant. Dann geht es mit dem Auto weiter in das Büro. Die Strecke kennt Hubert schon sehr gut. Schnell schlängelt er sich beim übrigen Verkehr vorbei. Das Büro des jungen Ehepaars befindet sich im 10. Wiener Gemeindebezirk am Paltramsplatz. Ganz in der Nähe des derzeit im Bau begriffenen neuen Wiener Hauptbahnhofs. Begeistert erzählt Hubert, wie groß und schön alles sein wird, wenn erst der neue Hauptbahnhof 2012-2013 fertig gebaut sein wird. „Dies wird für die Gegend eine große Aufwertung sein, sie wird sozusagen eine Schlüsselstelle Wiens“, sagt er fast ein wenig entschuldigend.
Hubert denkt grundsätzlich optimistisch, auch darum sieht er die jetzige Wirtschaftskrise sehr unproblematisch. Seine Frau Birgit ist da schon „rationalistischer“, wie sie sagt „kommt das vom Planen und Buchhalten, da muss man einfach kühl kalkulieren“. Dementsprechend sieht sie im neuen Hauptbahnhof nur mehr Verkehr und die Wirtschaftskrise hat sie zumindest in einem Fall getroffen. Sie erzählt, wie sich ihre Firma in einem Wettbewerb gegen andere PR-Firmen durchsetzen konnte und sie den Auftrag für die österreichische Niederlassung eines großen internationalen Konzerns gewinnen konnten. Allerdings verspielte der Konzernchef mehrere Milliarden Euro an der Börse und beging Selbstmord. Der Konzern erlitt große finanzielle Einbußen und ihr Auftrag wurde storniert. Dies sei aber der einzige Fall versichert Hubert sofort, da sie als Kleinstunternehmen normalerweise keine so riesige Aufträge bekommen und bei den kleineren sparen die Unternehmen noch nicht ein. Schlechter gehe es da freilich schon den wirklich großen Werbe- und PR-Firmen in Österreich.
Als wir am Büro ankommen, verweist Hubert mit der gleichen Akribie wie zuvor auf die Vorzüge des Standortes. So haben sie Bäume vorm Büroeingang stehen, ein wenig Grün das „wir auf der Mariahilfer Straße nicht hätten“. Außerdem ist auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein Kinderspielplatz, „gut wenn wir mal Kinder haben…“, meint Hubert.
Im Büro selbst herrscht ein wenig das Drunter und Drüber. Am Boden stehen wahllos Kisten, für Kunden gestaltete Werbeverpackungen und sogar Computerbildschirme. „Wir bauen aus“, erklärt Hubert die Unordnung. Die Wirtschaftskrise scheint also zumindest Ausbau nicht zu gefährden. Obwohl, die Expansionwünsche in andere Länder wurde ad acta gelegt. Hubert beteuert, dass das nichts mit der Krise zu tun hat, sondern damit, dass „in Wien noch nicht alles rund läuft“. Denn auch wenn man deutlich den Stolz auf seine Firma heraushören kann, als er mir die Firmenpräsentation zeigt, bleibt auch Platz für Selbstkritik. So seien ihre Arbeitsweisen manchmal Ineffizienz. Um das zu vermeiden haben er und Birgit eine „to do-list“ eingeführt, indem abgehakt wird was am Tag zu erledigen ist. So bleibt tatsächlich mehr Zeit übrig.
Während Birgit sich zum Telefonieren zurückzieht, zeigt Hubert die geplanten Zubauten der Feinkost GmbH. Viel kann man noch nicht erkennen, es fehlen die Böden und nicht mal alle Leitungen sind verlegt. Aber sie lassen sich auch Zeit. Immer Stück um Stück wird weiter ausgebaut, denn einen Kredit wollen sie dann doch nicht aufnehmen. Darum wird das Büro wohl noch ein Weilchen ein wenig chaotisch bleiben. Es wird zwar nicht in andere Länder, trotzdem wird expandiert wird und zwar nicht nur an der Größe des Büros. Denn mit dem Ausbau bekommen sie auch ein neuen Raum für die Vertonung der Filme. Der jetzige Tonraum, ausgekleidet mit Eierkartons, hat dann ausgedient. Hubert möchte zu seiner audiovisuellen Ausbildung, die er als erster Österreicher beim ZDF/ARD in Deutschland abgeschlossen hat, auch eine Ausbildung zum Sprecher absolvieren. Schließlich soll ein neues Geschäftsfeld mit Radio-PR entstehen.
Mit Hubert geht es dann auch zum letzten Außentermin für heute, seine Frau bleibt im Büro zurück. Seine Firma hat in der und für die Wirtschaftskammer einen Vortrag organisiert, indem Jungunternehmen über Förderungen informiert werden. Mitarbeiterin Petra ist schon da, aber viel ist nicht mehr zu tun. Die Unternehmer sind noch in Besprechung, die Pause verzögert sich. Einzige Sorge: Es sind mehr Leute gekommen, als gedacht – das Buffet wird knapp werden. Doch das ist auch kein Beinbruch., die Wirtschaftskammer ist immerhin schon ein langer Partner. „Und auf die Petra kann man sich verlassen“, meint Hubert. „Eine mit Herz und Hirn, und das ist schwer zu finden!“ Schließlich haben er und Birgit schon lange nach guten Leuten gesucht. So haben sie schon 10 Leute entlassen müssen, der Grund warum er auch der Überzeugung ist: „Unser Bildungssystem verkommt!“
Da bleibt die Arbeit dann doch bei ihm und seiner Frau liegen, aber man merkt, sie sind auch mit Leidenschaft dabei. So kommt es nicht von ungefähr, dass für Hubert die größte Auswirkung der Wirtschaftskrise darin besteht, dass die Leute auf Luxus verzichten werden und: „mein größter Luxus ist Zeit“.
Dieser Text entstand im Rahmen einer Übung in Multimedia-Journalismus an der Universität Wien im Sommersemester 2009.
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