Was tun, wenn die Temperaturen in Wien schön langsam nach unten gehen? Die Kanarischen Inseln sind immer eine gute Wahl. Sie gehören zu den wärmsten Orten der Europäische Union, wenn wir exotische (franz.) Überseegebiete mal nicht dazuzählen. Gleich zwölf Tage unserer 17-tägigen Reisen verbrachten wir auf La Gomera. Die Insel ist für all jene eine Empfehlung, die so wie wir einsame Wanderwege einem städtischen Nightlife und landschaftliche Schönheit kulturellen Zentren vorziehen.
Erst als meine Frau Judith und ich wieder auf Teneriffa zurückkehrten, ist uns dieser arge Kontrast aufgefallen. Während es auf Teneriffa von Touristen wimmelt und die Straße zwar besser aber stark befahren sind, gibt es auf La Gomera (noch) keinen Massentourismus. Die Statistik zeigt es eindrücklich: Teneriffa hat rund 6 Millionen Touristen pro Jahr, auf La Gomera sind es zusammen mit El Hierro nur 128.000 Touristen. (Zahlen von 2017, siehe Wikipedia)
Ein wichtiger Grund dafür ist wohl, dass La Gomera keine Traumstrände besitzt. Unsere erste Nacht verbrachten wir nach einem langen Flug jedoch in Los Cristianos, die Touristenhochburg auf Teneriffa. Alles künstlich, alles all-inclusive. Für manche offenbar noch immer der Inbegriff eines entspannten Urlaubs, für mich persönlich wär es die Hölle.
Hermigua und Agulo
Unser erster Stopp auf La Gomera war dann auch das Highlight der Reise. Hermigua ist ein feines und verschlafenes Dörfchen im Norden der Insel. Ganz in in der Nähe ist Agulo, das als schönste Ort von La Gomera gilt.
Mithilfe des Rother Wanderführers sind wir hier einen schönen Wanderweg gegangen. Von Agulo geht es zu Beginn steil bergauf bis wir oben zum Aussichtspunkt kamen. Danach ging es weiter zum Besucherzentrum des Nationalparks Garajonay. Dort gibt es kleine Shops und Ausstellungen und es wird kein Eintritt verlangt. Besonders interessant war die 3D-Ansicht von La Gomera, die zeigt, wie zerklüftet und gebirgig die Insel tatsächlich ist. Vom Besucherzentrum „Centro de Visitantes de Juego de Bolas“ ging es dann wieder zurück nach Agulo.
Schon bei der ersten Wanderung stellten wir fest, dass La Gomera zurecht als Paradies für Wanderer gilt. Wanderwege waren immer gut beschildert und gepflegt.
Nach einer langen Wanderung braucht man eine anständige Stärkung. Gut, dass das Essen auf der Insel schmeckt, mal abgesehen dass es gerne fleischlastig ist. Wer in Hermigua übernachtet, sollte im Fischrestaurant El Faro vorbeischauen.
In den Gewässern der Kanarischen Inseln befindet sich offenbar nicht die große Masse an Fischen. Beliebte Speisen, vor allem in der Bergregion, sind Wildkaninchen und Zicklein.
In Hermigua hatten wir auch die mit Abstand schönste Unterkunft. Villa Delfines ist absolut eine Empfehlung wert.
Wanderung auf den Enchereda
Neuer Tag, neue Wanderung. Diesmal habe ich auf den Urlaub erstmals neben dem gedruckten Rother Wanderführer auch die deutsche Wander-App komoot installiert. Wirklich eine coole App, auch wenn ein besserer Zoom in das Kartenmaterial wünschenswert wäre.
Relax-Day in Hermigua
Bei dieser Tour habe ich das GPS leider erst verspätet aktiviert, das erste Teilstück fehlt daher. An sich wäre das eine gut vierstündige Wanderung geworden, wir sind aber irrtümlich schon von der Hauptstraße aus gestartet, dadurch wurde es eine doch anstrengende sechsstündige Wanderung. Deshalb gab es am nächsten Tag eine Pause und wir haben uns das süße Dorf Hermigua genauer angeschaut. Einfach auf ein Bild klicken zum Vergrößern.
Auf den Berg Garajonay
Während auf Teneriffa der massive Vulkan Teide mit seinen rund 3.700 Metern alles überthront, ist auf La Gomera die Spitze mit dem rund 1.500 Meter hohen Garajonay erreicht. Die Wanderung startet in der Ortschaft Chipude und die Autofahrt führt durch den Nationalpark.
Die Straßen sind auf La Gomera eng, aber Gott sei Dank gibt es noch wenig Verkehr. Teneriffa hat mich da mehr gestresst. Das Dorf Chipude ist übrigens übersät mit Kakteen. Judith war überzeugt davon „diese Früchte kann man essen“. Ich war mir nicht so sicher, aber es stellte sich heraus, die Kaktusfeige schmeckt super und ein wenig nach Birne. Leider sind die Früchte außen gut geschützt mit Stacheln. Aua!
Überhaupt war es grandios was wir in La Gomera an Feigen, Maracuja und Mango zum Essen gefunden haben. Die konstant warmen Temperaturen machen es möglich.
Bei dieser Wanderung zeigten sich auch die Spuren des fatalen Waldbrandes von 2012. Soweit das Auge reicht sieht man noch die Gerippe der toten Bäume in der Landschaft stehen.
Zweiter Stop in Valle Gran Rey
Schweren Herzens haben wir nach vier Tagen Hermigua verlassen und uns auf ins Valle Gran Rey gemacht.
Bevor wir uns in La Gomeras beliebtestes Reiseziel einquartierten, haben wir in der näheren Gegend eine weiter Wanderung unternommen.
Von Alojero zur Playa del Trigo
Der Playa del Trigo ist als ein abgeschiedener Strand bekannt. Er ist sehr beliebt für FKK und tatsächlich haben wir eine deutsche Alternativ-Familie getroffen, die dort campierten. Leider war der Wellengang aber viel zu stark, als das wir baden konnten.
La Mérica
Die nächste Tour war wieder etwa umfangreicher. Wobei die 20,4km aus komoot nicht ganz stimmen, denn auf unserem Rückweg wurden wir von einem freundlichen Einheimischen im Auto mitgenommen.
Von Arure nach Taguluche
Das Valle Gran Rey ist ebenso ein schnuckeliger Ort, mit einer tollen Bäckerei an der Strandpromenade, die von einer Österreicherin geführt wird. Überhaupt ist La Gomera fest in deutschsprachiger Hand. Vom Eisverkäufer bis zur Appartment-Vermieterin haben offenbar viele Deutsche hier ein neues Leben angefangen.
Dritter Part: Alajeró
Letzter Stopp auf der 370 Quadratkilometer großen Insel war das Bergdorf Alajeró. In den Höhenlagen kann es schon mal richtig kalt werden. Mit dem Wetter hatten wir etwas Pech und einen Tag hat es sogar durchgeregnet. Andererseits eine gute Gelegenheit zum Durchschnaufen und Pause machen.
Trotzdem blieb noch genug Zeit für wandern. Eine Wanderung machten wir rund um Alajeró mit Blick auf das Meer. Highlight waren die zwei Eseln, die wohl unsere Jause im Rucksack gerochen und uns begleitet haben.
Von Imada zum Roque de la Zarcita
Eine gute vierstündige Tour haben wir von Imada ausgestartet, nachdem wir diese zuvor schon mal wegen Regen abgebrochen hatten. Die Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt, denn es gibt hier einige tolle Aussichtspunkte.
Zurück nach Teneriffa
Abschließend haben wir noch ein paar Tage im Nordwesten von Teneriffa verbracht. Dann allerdings schon mit weniger wandern, auch weil Judith einen Tag lang Fieber hatte. Eine kleine aber schöne Wanderung hat uns durch das Dorf San Juan de la Rambla geführt.
Anschließend sind wir weiter nach Garachico gefahren, einem Favoriten des DuMonts Reiseführers für Teneriffa. Es ist ein süßes Städtchen und absolut einen Besuch wert. Wir sind durch die Gassen spaziert und haben dort zu Abend gegessen.
Fazit:
Wer wandern liebt, muss nach La Gomera. Teneriffa war mir hingegen etwas zu stressig, selbst in den weniger touristischen Gebieten.
Für 17 Tage haben wir rund 3.400 Euro verbraucht. Die größten Posten sind der Flug nach Teneriffa und zurück für € 916 sowie Mietauto € 291 (ohne Sprit) und die Unterkünfte mit € 1.014.
Die Kanarischen Inseln sind damit kein Billig-Reiseziel, aber noch sehr ok. La Gomera schlägt in meinem persönlichen Ranking auch sehr knapp unsere Reise nach Island. Island ist zwar landschaftlich unheimlich eindrucksvoll und ein Paradies für jeden Fotografen mit ewig anhaltendem weichen Licht, aber die Kosten sind brutal. Auf La Gomera gab es meist nach der Wanderung eine Kuchen und Kaffeepause und am Abend haben wir im Restaurant die lokale Küche ausprobiert. Herrlich. Auf Island hatten wir darauf verzichtet.
Sehr angenehm im Vergleich zu unseren Asien-Reisen ist auch, dass man hier als Tourist ungestört ist. Maximal ein Hund oder Esel haben uns ein Stück des Weges begleitet, aber es gibt niemanden, die dir etwas verkaufen möchten.