Gedanken über Englisch als Lingua franca

Graddol (1997) stellt fest, dass die Dominanz der OECD-Länder mit dem weiteren Wachstum der asiatischen Volkswirtschaften schwindet. Da die Bevölkerung in den reichen Ländern altert, leben immer mehr junge Erwachsene in Asien und Lateinamerika, was zur Folge hat, dass andere Sprachen auf den Plan treten werden. Seine Ansicht wird von Ökonomen, Kulturtheoretikern und Politikwissenschaftlern unterstützt, die davon ausgehen, dass sich im 21. Jahrhundert eine neue Weltordnung entstehen kann. Trotzdem sieht Graddol Englisch kurz- bis mittelfristig als dominate Sprache nicht in Gefahr.

Im Gegensatz zu dieser skeptischen Sicht auf die Zukunft des Englischen als Verkehrssprache veröffentlichte der Guardian Weekly (2004) einen Artikel über den Gebrauch des Englischen in China. Das Schulsystem in China unternimmt große Anstrengungen, um die Englischkenntnisse seiner Schüler zu verbessern. So wurde unter anderem ein neuer Lehrplan eingeführt, der sich stärker auf computergestütztes Lernen konzentriert und Englischkenntnisse auf Grundniveau zur Pflichtanforderung für alle Studiengänge macht. Die Wochenzeitung The Guardian Weekly zitierte Professor Li Yong-tao, einen Professor für englische Sprache und Kultur an der Universität Shanghai. Er sagt, dass Englisch für manche Menschen sogar wichtiger sei als Chinesisch, weil die englische Sprache eng mit besseren Arbeitsplätzen verbunden ist. Allerdings ist Englisch in der chinesischen Gesellschaft so einflussreich geworden, dass immer mehr kritische Stimmen zu hören sind. Einige Leute haben Angst, dass das Chinesische dadurch korrumpiert werden könnte.

Diese Sorgen gibt es aber nicht nur in China. Auch in Österreich ist man besorgt über den wachsenden Einfluss des Englischen: Die Umstellung auf einen englischsprachigen Lehrplan an den Universitäten würde bedeuten, Deutsch als Wissenschaftssprache aufzugeben. Georg Winckler, der ehemalige Rektor der Universität Wien, warb für das Modell der „Mehrsprachigkeit“. Lehrveranstaltungen werden auf Deutsch abgehalten und Gastprofessoren referieren in Englisch. Katrin Schäfer, eine deutsche Anthropologin an der Universität Wien, merkte dagegen an, dass die Universität Menschen aus der ganzen Welt brauche; mit dem derzeitigen Schwerpunkt auf Deutsch sei dies nicht möglich. Der Status quo funktioniert nicht mehr, ein Übergang ist notwendig. „Aber es ist das Beste“, argumentiert Schäfer. (Bohannon, 2007).