Fragenkatalog: Die verlorene Ehre der Katharina Blum

In meiner Schulzeit mussten wir in Deutsch einen Fragenkatalog zu Heinrich Bölls "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" beantworten. Die sieben Fragen habe ich hier aufgearbeitet.

In welchem historischen und biografischen Kontext lässt sich die Novelle oder Erzählung einteilen?

Kurze Biografie von Heinrich Böll
Heinrich Böll wurde 1917 in Köln, im schlimmsten Hungerjahr des Ersten Weltkrieges geboren. Er machte eine Ausbildung zum Buchhändler und studierte Deutsch an der Universität zu Köln. Im Zweiten Weltkrieg wurde er mehrmals verwundet und geriet bei Kriegsende in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft. Im Jahre 1947 begann er seine Karriere als Schriftsteller. Seine Kurzgeschichten, Romane und Erzählungen spielen meist im Nachkriegsdeutschland und erzählen von Außenseitern, die nur schwer das Erlebte vergessen können, während die Gesellschaft das Dritte Reich so schnell als möglich verdrängt. Seine Figuren sind oft vom Krieg gezeichnet und leben in prekären Umständen. Heinrich Böll war einer der wichtigsten Vertreter der Nachkriegs- und Trümmerliteratur und Mitglied der Gruppe 47. Die Gruppe 47 war eine literarische Vereinigung, die junge Autoren förderte und der durch die Nationalsozialisten angerichteten Sprachzerstörung entgegentraten. Durch die Studentenrevolution 1968 und die dadurch hervorgerufenen Meinungsverschiedenheiten ging die Gruppe 47 aber in die Brüche. Böll hat sich immer auch als politischer Staatsbürger verstanden. 1969 engagierte er sich für die Wahl von Willy Brandt. Anfang der siebziger Jahre schaltete er sich in die Terrorismus-Debatte ein. Ab 1980 engagierte sich Böll in Friedensbewegungen. Im Jahr 1972 wurde Heinrich Böll der Nobelpreis für Literatur verliehen. Er ist außerdem Ehrenbürger der Stadt Köln und war von 1971 bis 1974 Präsident des internationalen P.E.N.-Clubs. 1985 verstarb Heinrich Böll und war zu diesem Zeitpunkt bereits einer der meistgelesenen deutschen Autoren.

Kurze historische Erklärung
In den 60er-Jahren kam es, verursacht durch die Restauration der Nachkriegs-Fünfziger-Jahre und der großen Koalition in Deutschland, zur Gründung der außerparlamentarischen Opposition, unter Führung sozialistischer Akademiker. In Folge kam es zu einer immer stärker werdenden linken Radikalisierung der Studentenbewegung. Es bildete sich die RAF, die Rote Armee Fraktion, um Andreas Baader und Ulrike Meinhof, die auch zu Gewalt bereit waren, um eine kommunistische Revolution herbeizuführen. Die Boulevardpresse, vor allem die Bild-Zeitung, verschärfte diese Radikalisierung noch zusätzlich durch eine polarisierende Berichterstattung. Gegen diese Art der Berichterstattung wandte sich Heinrich Böll, der den Sensationsjournalismus und ihre Lügen nicht akzeptieren wollte. Schon Anfang der 1970er Jahre forderte er eine objektive Berichterstattung über die RAF. Als Reaktion auf diese Kritik, wurde er von der Bild-Zeitung als linker Extremist diffamiert. In seinem Werk „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ verarbeitet er unter anderem seine Erfahrungen auf.

Die Figuren um Katharina haben mehr oder weniger sprechende Namen, versuchen sie eine Deutung!

Mit den Namen der Hauptfiguren kann je nachdem Positives oder Negatives assoziiert werden. Katharina Blum: Steht im Griechischen für „die Reine“, „die Geläuterte“. Mit dem Nachnamen Blum verbindet man eine Blume. Die Blume ist ein zierlicher Gegenstand, der nur durch genügend Behandlung und dem richtigen Nährboden voll erblühen kann; das beschreibt deutlich den Charakter der Katharina Blum. Gegner der Katharina: Tötges – dieser Name erinnert deutlich an den Tod und an das Ende. Beizmenne klingt sehr aggressiv und bedrohlich, der Name entspricht seiner Vorgehensweise. Ludwig Götten: Der Geliebte von Katharina, wird durch die Ähnlichkeit mit dem Nomen Gott eher positiv bewertet.

Wie stellt Böll die Katharina dar?

Heinrich Böll stellt Katharina Blum als eine junge, hübsche 27-jährige Frau dar, die bescheiden, eher introvertiert und bieder ist. Als freiberufliche Wirtschafterin hat sie nur ein kleines Einkommen, schafft es aber trotzdem zu einem gewissen Wohlstand. In ihrer Arbeit ist sie sehr gewissenhaft und beliebt durch ihre Ehrlichkeit und Treue. Auch später vor Gericht wird sie immer die Wahrheit sagen. Katharina hält viel von Anstand und Moral. Doch auch eine gewisse Naivität und große Verletzlichkeit sind erkennbar. Dadurch konnte ihr Lebensbild und ihr Stolz nur allzu leicht von der Boulevardpresse gebrochen werden. Ganz und gar gegen ihre Art, verliebt sie sich auf Anhieb in Ludwig Götten und verbringt die Nacht sofort mit ihm. Durch diese Liaison kommt sie in das Kreuzfeuer der Polizei und der Medien. Immer mehr wird sie in die Enge getrieben, bis sie den „Journalisten“ Tötges tötet. Trotz ihres ansonsten so moralischen Verhaltens, sieht sie keine Schuld an dem Mord oder empfindet Mitgefühl. Böll zeigt damit, wie sich im Verlauf des Stückes der Charakter der Katharina immer mehr verändert.

Versuche das Bild von Katharina wiederzugeben, das bei demjenigen entsteht, der nur auf die Berichterstattung der Presse/Zeitung angewiesen ist.

Das zeigt der Film zum Werk von Böll gut:  Als Katharina zum Verhör geführt wird, fotografiert sie ein Journalist. Ein einzelnes Foto auf der Titelseite lässt sie bösartig, berechnend und eiskalt wirken. Dazu große Schlagzeilen, die sich teils aus Spott und teils aus Verleumdung zusammensetzen. Dem Leser wird eine böse Welt offeriert, die seine eigene bedroht und seine idyllische Sicherheit zersprengen könnte. Neben der suggerierten Angst, bleibt aber für den Leser – durch den herablassenden Spott – genug Raum, Wut zu entwickeln. So trauen sich viele „einfache Bürger“ eine Hasstirade gegen Katharina zu führen. Dieses Aufwiegeln der Emotionen steigert beim Leser die Lust nach mehr Sensationen. Die Zeitung muss daher für neue Sensationen sorgen, auch wenn momentan keine existieren. Daher werden Tatsachen verdreht oder erfunden. Sehr detailliert zeigt Böll dies im Reporter Tötges, der aus Katharinas Wohnung einen Bandentreff macht und einen kleinen Umtrunk der Mutter zu einer Orgie hochstilisiert.

Gegen wen richtet sich Bölls Kritik?

Bölls Kritik richtet sich vor allem gegen die Boulevardpresse und deren Reporter. Die skrupellosen Methoden und Techniken solcher Sensationsblätter werden im Werk offensichtlich. Auch stellt sich hier die Frage nach Sinn und Zweck solcher Illustrierten. Auf jeden Fall dienen sie nicht der Berichterstattung, sondern viel mehr der Befriedigung von Sensationsgier. Aber auch das Vorgehen der Polizei ist allein durch das schnellstmögliche Finden eines Täters geprägt. Kommissar Erwin Beizmenne möchte sich in der Öffentlichkeit feiern lassen und dafür ist ihm jedes Mittel recht. Er geht genauso skrupellos und spöttisch wie die Boulevardpresse mit Katharina um. Gegen Bezahlung arbeitet er mit der „Die Zeitung“ zusammen und gibt vertrauliches Material weiter. Kritik übt Böll aber auch an alle Bürger, die blind den Aussagen der Presse vertrauen und Katharina immer wieder attackierten.

Stelle im Zusammenhang mit dem Untertitel die Situation dar, die zur Veränderung des Verhaltens von Katharina Blum geführt haben!

Der Titel „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ kombiniert mit dem Untertitel „Oder wie Gewalt entstehen und wohin sie führen kann“ gibt einen genauen Überblick über den Inhalt und Verlauf des Werkes. Wie unter Frage 3 schon ausgeführt, führt die gesellschaftlich Ächtung und ebenso die dadurch entstehende finanzielle Notlage zum völligen Ruin des bisherigen Lebens von Katharina. Ein Teufelskreis aus dem sie nicht mehr ausbrechen kann. Zuerst agiert Katharina ganz nach ihrer ruhigen und unauffälligen Art. Sie lässt sich die Demütigungen gefallen und reagiert erst, als sie ihren Stolz und Anstand massiv gefährdet sieht. Durch den Tod ihrer Mutter und die dauernden Sensationsberichte bricht dann das erste Mal die Wut hervor und sie zertrümmert ihre Wohnung. Immer mehr Wut sammelt sich an und gipfelt schließlich im Mord an Tötges.

Welche Intentionen zeigen Medien, welche Werte greifen sie an und welche verteidigen sie? Was sind die Funktionen der Massenmedien?

Grundsätzliche Funktionen der Medien sind:

  • Thematisierung
  • Meinungsbildung ermöglichen
  • Kritik oder Kontrolle ausüben
  • Unterhaltung
  • Information

Medien vertreten allgemein Grundwerte wie Demokratie und Pressefreiheit schon aus Selbstzweck, da eine Aufhebung dieser Werte auch das Ende der Medien bedeuten würde. Die Medien sind zu den Tabubrechern unseres Jahrhunderts geworden. Das liegt wohl auch am Druck ständig Neues zu berichten und einem dementsprechenden Fortschrittsdrang. Da – außer den öffentlich-rechtlichen – alle Medien sich über Werbung, also bezahlte Einschaltungen privater Firmen finanzieren, gibt es eine relativ zustimmende Meinung zum kapitalistisch-hierarchischen System. Ethnische, religiöse und politische Minderheiten argumentieren, dass die Standpunkte der ohnehin schon Mächtigen herausgestellt würden und die Meinungen von Minderheiten unberücksichtigt blieben. Medien haben heute die Macht selbst Werte zu schaffen und zu definieren. Denn erst medienrelevante Themen gelangen an die Öffentlichkeit.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.