Zusammenfassung: „So arbeiten Österreichs Journalisten“

Plagiatsjäger und Kommunikationswissenschaftler Stefan Weber hat 2006 eine Studie über Österreichs Journalisten für das Kuratorium für Journalistenausbildung herausgebracht. In diesem Beitrag präsentiere ich die wichtigsten Ergebnisse.

Stefan_WeberPlagiatsjäger und Kommunikationswissenschaftler Stefan Weber hat 2006 eine Studie über Österreichs Journalisten für das Kuratorium für Journalistenausbildung herausgebracht. Die wichtigsten Ergebnisse sind:

  • Im Journalismus gibt es mehr weibliche denn männliche Berufseinsteiger
  • Printjournalisten sehen sich mit gestiegenen Zeitdruck, Stress und einer Informationsflut konfrontiert
  • Die Themenfindung, Recherche und das Schreiben macht trotzdem noch mehr als die Hälfte der täglichen Arbeitszeit aus
  • Bei der Weiterbildung werden kernjournalistische den technischen Schwerpunkte vorgezogen
  • Google gewinnt bei der täglichen Arbeit an Relevanz, die Buchrecherche verliert dagegen
  • 38,2 % der Printjournalisten holen sich zumindest manchmal Infos von Blogs. (vgl. Weber, 2006: S. 7f) [ref]Weber, Stefan (2006): So arbeiten Österreichs Journalisten für Zeitungen und Zeitschriften. Salzburg: Ja Kuratorium für Journalistenausbildung (Schriftenreihe Journalistik, 18).[/ref]
Mehrfachverwertung von Inhalten

Bei österreichischen Verlagen beschränkt sich die Mehrfachverwertung von journalistischen Inhalten auf Print und Online. Nicht so in Deutschland, wo zum Beispiel der Spiegel mit Spiegel TV oder der Stern mit Stern TV eigene TV-Sendungen produzieren (vgl. ebd.: S. 21). Interessant sind die Ergebnisse hinsichtlich des Umganges von Printjournalisten mit dem verlagseigenen Onlinemedium:

  • Jeder Siebte arbeitet für die Online-Redaktion
  • Jeder Dritte hat Zugrifft auf die Webseite des eigenen Verlages
  • und 70,7 % der befragten Journalisten liefern Text und/oder Bilder für Online ab (vgl. ebd.: S. 23)

Daher sieht Weber einen „(…) Trend zu einer Bimedialisierung des Printjournalismus.“ (Weber, 2006: S. 23) Bei der „Print-Online-Konvertierung“, wie es Weber nennt, sind folgende Strategien zu unterscheiden:

  • reine Kopie
  • erweiterte Online-Ausgabe
  • reduzierte Online-Ausgabe
  • strukturell und inhaltlich Unterscheidung (w.z.B. bei der Kronen Zeitung) ( vgl. ebd.: S. 23f)

Der Umgang mit neuen Techniken scheint bereits 2006 sehr etabliert gewesen zu sein:

  • Dreiviertel der Journalisten arbeiten zumindest manchmal mit Photoshop & Co.
  • die Hälfte layoutiert manchmal selbst
  • und ein Viertel arbeitet manchmal mit „Webprogrammiersprachen“ [sic!] wie HTML. [ref]Anm.: HTML gilt technisch nicht als „Programmiersprache“ sondern als Auszeichnungssprache.[/ref] (vgl. ebd.: S. 26)

Weber stellt die These auf, dass es aufgrund steigenden wirtschaftlichen Drucks zu einer Entgrenzung der Berufsrollen in den Redaktionen kommt (vgl. ebd.: S. 30). Wohin aber entgrenzt sich der Journalismus? Weber kritisiert den Dualismus von Entgrenzungserklärungen wie sie Neuberger aufgestellt hat mit „Fakten / Fiktion“, „öffentlich / privat“ usw. Er stellt eine neue Systematik  auf

  1. Entgrenzung von journalistischen Berufsrollen
  2. Entgrenzung von redaktionellen Binnedifferenzierungen
  3. Entgrenzung der mediensysteminternen Organisation
  4. Entgrenzung des journalistischen Produktes
  5. Entgrenzung der Technik
  6. Entgrenzung zur systemexternen Umwelt (vgl. ebd. S. 32)

Entgrenzungen erklärt

1. Journalistische Berufsrollen: Journalisten übernehmen heute zusätzliche Aufgaben (PR-Texter, Anzeigenverkäufer, etc.) und umgekehrt übernehmen andere journalistische Aufgaben. (z.B. der PR-Texter, der etwa eine bezahlte Magazinbeilage journalistisch aufbereitet) (vgl. ebd.: S. 32f) Die „Proams“ nehmen zu. Das sind professionelle Amateure, die nicht alleine von der journalistischen Arbeit leben können und zusätzlich Geld etwa in der PR verdienen.

2. Entgrenzung der redaktionellen Binnendifferenzierungen und 3. Entgrenzung der mediensysteminterne Organisation: Die Ressortgrenzen lösen sich auf. Jeder zweite Printjournalist gibt an, dass es (vor allem bei Großereignissen) zu einer ressortübergreifenden Berichterstattung kommen kann. Und wenn ressortübergreifend berichtet wird, dann arbeiten 62,80 % auch in einem ressortübergreifenden Team. Es entstehen außerdem neue Ressorts wie zum Beispiel Technik und Web und neue journalistische Themen wie Mode oder Erotik (vgl. ebd.: S. 35).

4. Entgrenzung des journalistischen Produktes. Laut Weber steigt der Einfluss auf die PR: 60,8 % der Journalisten geben an, dass die Berichterstattung zumindest manchmal mit PR oder einem Inserat korrespondiert (vgl. ebd.: S. 38).

5.  Entgrenzung der Technik. Journalisten übernehmen Layoutierung, Lektorat und Bildbearbeitung.

6. Entgrenzung zur systemexterne Umwelt. Auch der Einfluss der Werbewirtschaft steigt. Zwei Drittel der befragten Printjournalisten hatten schon mal einen Interessenskonflikt mit der Anzeigenabteilung. (vgl. ebd.: S. 42f)

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